Gedenkfeier im KZ-Außenlager St.Aegyd

“Das Lager in St. Aegyd war nicht viel größer als Klagenfurt aber mit viel raueren Bedingungen. In Klagenfurt wurden wir innerhalb des Lagers uns selbst überlassen, nicht so in St. Aegyd. Die Kapos quälten uns gnadenlos, insbesondere Toni, “der Lahme”. Er hasste die Italiener so heftig, wie es ein Mensch nur konnte. Immer trat und schlug er uns aus purem Vergnügen. Das Ergebnis seines bestialischen Verhaltens war der Tod eines Italieners namens Amedeo Tamussin, dessen Grabstätte ich besucht habe:

Italienischer Schutzhäftling mit der Nummer 115742, wurde am 24.8.1925 in Collina geboren, Arbeitseinsatz Tischler, Zivilberuf: unbekannt, Todesdatum: 30.3.1945, angebliche Todesursache: allgemeiner Körperverfall, Kreislaufschwäche.”

Auszug aus dem Buch: Rajmund Pajer – Ich war I 69186 in Mauthausen.

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Christian Rabl, Rajmund Pajer
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Christian Rabl, Rajmund Pajer

 

Die Gedenkveranstaltung

Unter dem Motto ” Rassistische Verfolgung – Von der Ausgrenzung zur Vernichtung” wurde am 10.5.2012 von der GISTA (Gedenkinitiative KZ-Außenlager St. Aegyd am Neuwald) und SchülerInnen der Hauptschule eine Gedenkfeier im Kulturstadel durchgeführt.

Christian Rabl (Institut für Zeitgeschichte) sprach einleitende Worte, begrüsste die Ehrengäste und moderierte die Veranstaltung. Als Einleitung wurde ein, von den HauptschülerInnen gestalteter Videofilm vorgeführt, anschliessend brachte Helmut Edelmayer (Mauthausen Komitee) einen geschichtlichen Überblick und führte aus, wie wichtig Gedenken und Erinnerungsarbeit sind.

Auf berührende und eindringliche Weise brachten die Schülerinnen in ihrer diesjährigen Projektarbeit die Dramatik, die Grausamkeit und das sinnlose Sterben im KZ-Außenlager zum Ausdruck. Anhand der Daten von Menschen, die in St. Aegyd zu Tode gebracht wurden, erdachten sich die SchülerInnen Lebensgeschichten, die sie vortrugen und die alle mit einem ähnlichen Satz endeten: “So oder ähnlich hätte das Leben von … aussehen können, wäre er nicht mit 19 Jahren im Lager getötet worden!”

Jahrzehntelang wurde der Umstand, daß sich in St. Aegyd ein KZ-Außenlager befunden hat, von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen. Von offiziellen Stellen vergessen oder verdrängt, im Lehrplan der Schulen kein Thema, wurde Ende der Achtzigerjahre auf Initiative von Einzelpersonen damit begonnen, einen jährlichen Schweigemarsch für die Opfer zu veranstalten. Erwin Rabl, der mit seinem Engagement und seiner Aufklärungsarbeit wesentlich dazu beigetragen hat, daß dieser finstere Abschnitt in der Geschichte nicht in Vergessenheit gerät, wurde eine Urkunde überreicht und er wurde zum Ehrenmitglied der Gedenkinitiative ernannt.

Der Zeitzeuge

Rajmund Pajer, 1930 in Triest geboren. Er wurde zu Jahresbeginn 1944  von slowenischen Partisanen zwangsrekrutiert, wurde zweimal verwundet und am 20.4.1944 von deutschen Einheiten gefangengenommen und, gemeinsam mit 60 weiteren Partisanen in das Stadtgefängnis von Ljubljana und später in das GESTAPO-Gefängnis nach Begunje gebracht. Von dort wurde Rajmund Pajer mit anderen Häftlingen in einem Viehtransporter in das Konzentrationslager Mauthausen deportiert, wo er am 3.6.1944 eintraf. Am 26.10.1944 wurde er in das Außenlager Klagenfurt-Lendorf verlegt, wo er bis 20.1.1945 verblieb. Nach einem Monat in Mauthausen wurde er in das KZ-Außenlager St. Aegyd verlegt. Wegen der anrückenden Front kam es zu einer überstürzten Schließung des Lagers und die Häftlinge sollten mit dem Zug nach Mauthausen zurückgebracht werden. Die Bahnstrecke war zu einem großen Teil jedoch zerstört und so mussten die Gefangenen in einem viertägigem Fußmarsch die Strecke zurücklegen. Das Ende des Krieges und die Befreiung durch die amerikanischen Truppen erlebte Rajmund Bajer in Mauthausen. Er konnte aber erst nach einigen Wochen die Heimreise antreten, da er einige Tage nach Kriegsende schwer an Typhus erkrankte und wochenlang mit dem Tod rang.

Heute lebt Rajmund Pajer mit seiner Frau in Kanada und kommt regelmässig zu Gedenkveranstaltungen nach Österreich. Nach neuestem Stand der historischen Forschung ist er der einzige Häftling, welcher noch am Leben ist und über die Vorgänge, das Leben und Sterben im Außenlager, berichten kann.

Den Opfern des Faschismus

Der zweite Teil der Feier fand beim Gedenstein für die Opfer des Faschismus am örtlichen Friedhof statt. Im Dialog mit Christian Rabl erzählte Rajmund Pajer von den Geschehnissen im Lager und berichtete, wie er vor zwei Jahren die Stelle aufgesucht hatte, an der Amedeo Tamussin im Jahr 1945 begraben wurde. Er brachte etwas Erde von dieser Stelle zu den Angehörigen, die seit 1944 in Ungewißheit über sein Schicksal waren.

Ein Chor der Hauptschule brachte das Lied Die Moorsoldaten zum Vortrag, anschliessend wurden von den SchülerInnen 46 rote Rosen als Symbol für die 46 namentlich bekannten Opfer am Gedenkstein hinterlegt und von den TeilnehmerInnen Kerzen entzündet.

Folgende Ehrengäste waren bei der Gedenkveranstaltung anwesend: Antony Bousmar, Gesandter der Botschaft des Königreich Belgien, Tanja Windbüchler – Sonschill, Abgeordnete zum Nationalrat, Bezirkshauptmann Ernst Anzeletti in Vertretung des Landeshauptmann, Anita Korp und Doris Warlisch, Innenministerium AbtIV/7 Mauthausen Komitee, Helmut Edelmayer vom Mauthausen Komitee, Bgm. Rudolf Pfeffer und Erwin Rabl.

Die Gedenkinitiative

In den letzten Jahren hat in St. Aegyd ein Modernisierungs – und Öffnungsprozess begonnen. Ein Generationswechsel in der Gemeindeverwaltung, vermehrtes Engagement und auch das Interesse, sich mit den dunklen Kapiteln in der Ortsgeschichte zu befassen sind die Basis für Projekte und Ziele, welche die Gedenkinitiative GISTA mittelfristig umsetzen will. So soll die Geschichte des KZ – Außenlagers St. Aegyd am Neuwalde vor Ort durch Informationstafeln oder einer Dauerausstellung sichtbar gemacht und erklärt werden. Weiters soll in der Bevölkerung und insbesonders in den Schulen des Bezirks ein Bewusstsein geschaffen werden, daß es nicht nur im relativ weit entfernten Mauthausen ein Konzentrationslager gab, sondern auch in unmittelbarer Nähe.

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

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